NACHGEFRAGT:
Die Einführung des Euro war ein integrationspolitischer Meilenstein für Europa. Das Projekt einer gemeinsamen Währung vertiefte sowohl die wirtschaftliche als auch die politische Integration der europäischen Mitgliedstaaten. Gerade für Deutschland war dieses Projekt untrennbar mit der Chance der Einbettung eines wiedervereinten Deutschlands in Europa verbunden und wurde von der damaligen deutschen Regierung federführend mit entworfen. Dabei handelte man nicht blauäugig, sondern behielt die harten Fakten sehr wohl im Auge. Denn schon damals warnten Ökonomen, dass angesichts der wirtschaftlichen Heterogenität innerhalb der auf Mitgliederzuwachs angelegten Eurozone die Einführung einer gemeinsamen Währung unweigerlich zu Problemen führen werde.
Es gab somit genug Stimmen, die sich für die Beibehaltung der D-Mark, die wohl wie nichts sonst mit der wirtschaftlichen Erfolgsgeschichte der Bundesrepublik nach 1945 verknüpft ist, aussprachen. Daher setzte sich die damalige Regierung Kohl-Genscher vehement für den Stabilitätspakt als Instrument fiskalischer Disziplin und die Errichtung der Europäischen Zentralbank nach dem Vorbild der deutschen Bundesbank zur Verfolgung einer entpolitisierten Geldpolitik ein. Der von Deutschland propagierte „Bundesbank-Geist“ wurde – wenn auch murrend–angesichts der wirtschaftlichen und politischen Bedeutung Deutschlands in der Europäischen Union dann doch akzeptiert. Was gerade in Frankreich umstritten war. Heute kann man sagen: Der Euro hat sich bewährt. Es gab keine gravierenden Währungsschwankungen während der Finanzkrise. Die Verhinderung eines unfairen Abwertungswettlaufes hat gerade auch Deutschland als Exportnation gut getan. Allerdings sind die Grundpfeiler des Euros ins Wanken geraten. Der Stabilitätspakt wurde zunehmend zum politisch instrumentalisierten zahnlosen Tiger. Bei der Erfüllung der Stabilitätskriterien und der Aufnahme neuer Mitglieder ging es mehr um politische Kriterien als um harte Fakten. Die Ablehnung des blauen Briefes der EUKommission durch Schröder und Chirac war ein fatales Signal für die Glaubwürdigkeit des Stabilitätspaktes. Die EU-Finanzminister sollen Wächter sein, sind aber gleichzeitig Täter. Der Kauf von „Schrottanleihen“ durch die EZB war ein weiterer Tabubruch, nachdem im Mai 2010 die Bundesregierung dem Druck aus Brüssel nachgab und dem Eurorettungsschirm zustimmte. Angesichts der von Anfang an unterschiedlichen Ansichten hinsichtlich des Einflusses der Politiker auf die Geldpolitik ist es kein Wunder, dass zahlreiche Beobachter die Rolle des französischen Trios um Präsident Sarkozy, EZBChef Trichet und IWF-Chef Strauss-Kahn in diesen Entscheidungsszenarien diskutieren. Wird jetzt durchgesetzt, was Kohl und Genscher bei der Einführung noch verhinderten? Ein Jahrzehnt nach der Einführung des Euro und ca. zweieinhalb Jahre, nachdem die ersten Finanzierungsprobleme einzelner Euro-Mitgliedsstaaten auftraten, analysiert Oliver Luksic MdB in seinem Buch „Zwischen Finanzmarktkrise und Staatsbankrott – Ist der Euro noch zu retten?“ die Ursachen der Finanzkrise und deren Folgen. „Beide Krisen hängen eng miteinander zusammen und beeinflussen sich gegenseitig, allerdings mit regionalen Unterschieden, die im Einzelnen beleuchtet werden. Dabei gilt es nicht nur, das Versagen des Marktes, sondern auch das Versagen des Staates und somit auch der politischen Klasse klar zu benennen. Insbesondere was die Glaubwürdigkeit des Stabilitätspakts angeht, gilt es hier kritisch ins Gericht zu gehen“ so Oliver Luksic in seinem Buch.
Um der Frage: „Vom deutschen zum französischen Euro?“ auf den Grund zu gehen, ist es der Villa Lessing gelungen, zwei hervorragende und fachlich kompetente Wirtschaftsjournalisten aus jeweils einem der beiden Staaten zugewinnen. Otto Deppe und Guillaume Duval werden an diesem Abend, nach einem Impulsreferat von Oliver Luksic unseren Gast ausführlich zu der Thematik befragen.
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