
NEUSTART FÜR DIE DEUTSCH-FRANZÖSISCHE ACHSE?
Europa zwischen Autonomie, Sicherheit und globalen Herausforderungen
Prof. Dr. Georg Wenzelburger im Gespräch mit Jacob Ross
Präsenz- & Online-Veranstaltung
Donnerstag, 15. Mai 2025 um 19:00 Uhr
Kooperationspartner: Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik
Veranstaltungsort: Villa Lessing, Liberale Stiftung Saar
und live auf:
Aus organisatorischen Gründen bitten wir um Anmeldung unter: veranstaltungen@villa-lessing.de
Eine neue Phase des Neogaullismus sei eingeleitet – was sich Frankreich in den letzten Jahrzehnten aufgebaut hat, müssen viele europäische Hauptstädte nun in ein paar Wochen lernen. Mit einer gewissen Genugtuung schilderte der französische Verteidigungsminister Sébastien Lecornu der Präsidentenpartei „Ensemble pour la République“ (ehemals „Renaissance“) das neue geopolitische Selbstverständnis seiner europäischen Partner im Kontext des Ukrainekriegs und dem sich abzeichnenden Rückzug der Amerikaner für die europäische Sicherheit.
Macrons erste und zweite Sorbonne-Rede, die Doktrin der Aufrüstung, das französische Paradigma der strategischen Autonomie und der Forderung eines stärkeren und resilienteren Europas haben die Europapolitik der letzten Jahre entscheidend geprägt. Doch vielen der von Macron geforderten Integrationsschritten hin zu mehr europäischer Souveränität sind keine Taten gefolgt, was den Europäern nun vor die Füße fällt. Insbesondere die deutsche Bundesregierung unter Bundeskanzler Olaf Scholz wurde dabei aus französischer Sicht immer wieder als zu zögerlich wahrgenommen, auch wenn Deutschland im Rahmen der ausgerufenen „Zeitenwende“ erhebliche Anstrengungen unternommen hat, um seine Bundeswehr zu ertüchtigen und sich auch mental für ein neues Zeitalter der Geopolitik zu rüsten. Entsprechend hoch sind in Frankreich die Hoffnungen auf einen Neustart in den deutsch-französischen Beziehungen unter einem als wesentlich gradliniger und geopolitisch versierter wahrgenommenen neuen Bundeskanzler Friedrich Merz.
Noch vor seinem eigentlichen Amtsantritt traf sich der designierte Bundeskanzler Friedrich Merz unmittelbar nach seinem Wahlsieg mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron im Élysée-Palast und machte damit deutlich, wie wichtig ihm die Beziehung zum Partnerland sei. Insbesondere in Zeiten der aktuellen geopolitischen Umwälzungen scheint ein neues deutsch-französisches Führungsduo mehr als angebracht, um gemeinsam neue Antworten im Umgang mit den Großmächten USA, Russland oder China zu finden.
Bereits in seiner Rede Anfang Dezember vor der Bundesakademie für Sicherheitspolitik warb Merz u.a. für die Einrichtung einer Kontaktgruppe aus Deutschland, Frankreich, Polen und Großbritannien, für eine gemeinsame europäische Strategie zur Unterstützung der Ukraine – mit dem Ziel der Beendigung dieses Krieges. Seit Friedrich Merz sich während der „Elefantenrunde“am Abend der Bundestagswahl klar für mehr europäische Unabhängigkeit ausgesprochen hat, sind in Frankreich die Zweifel zunehmend ausgeräumt, gilt Friedrich Merz doch traditionell als überzeugter Transatlantiker. Spätestens mit den erschütternden Äußerungen von Vizepräsident JD Vance auf der Münchner Sicherheitskonferenz und dem darauffolgenden Riss der transatlantischen Partnerschaft steht fest, dass Deutschland künftig eine führende Rolle in der europäischen Verteidigungspolitik übernehmen muss. Dass die deutsch-französische Achse „höchst relevant auf dem Weg zu einer strategischen europäischen Autonomie“ sei betonte zuletzt auch die FDP-Europaabgeordnete Marie-Agnes Strack-Zimmermann, die sich vom Leadership Macrons in der Ukraine Frage und seinem beherzten Vorgehen gegenüber Amerika beeindruckt zeigte.
Massive Investitionen in Verteidigung scheinen nötig zu sein und reicht dies für ein starkes Europa gegenüber den internationalen Großmächten? Sind Merz & Macron – ein neues Dreamteam? Was machen die weiteren Player in Europa, wie z.B. Großbritannien, Polen, Spanien und Italien? Zeigen deutsch-französische bzw. europäische Rüstungsprojekte die bekannten Tücken der europapolitischen industriellen Zusammenarbeit auf? Öffnen Frankreich und Groß Britannien ihren nuklearen Schutzschirm?
Jacob Ross
ist Research Fellow der DGAP mit Fokus auf Frankreich und deutsch-französische Beziehungen. Zuvor war er als Assistent in der Parlamentarischen Versammlung der NATO in Brüssel tätig. Mit deutsch-französischer Zusammenarbeit beschäftigte er sich bereits im Rahmen seiner Arbeit im französischen Außenministerium und als parlamentarischer Assistent der Vorsitzenden des Europa-Ausschusses der französischen Nationalversammlung, Sabine Thillaye.
Auch den Großteil seines Studiums verbrachte er in Frankreich: Zunächst im Rahmen eines deutsch-französischen Doppeldiplom-Studiengangs am Institut für Politikwissenschaften (IEP) in Lille, später auch am IEP in Paris und an der École nationale d’administration (Ena) in Straßburg. Ein Masterstudium der Internationalen Beziehungen und Ökonomie führte ihn zudem an die School of Advanced International Studies (SAIS) der Johns Hopkins University in Bologna.

Prof. Dr. Georg Wenzelburger – Moderation
ist Professor für Politikwissenschaft mit dem Schwerpunkt komparative Europaforschung an der Universität des Saarlandes. In seiner Forschung beschäftigt er sich vergleichend mit politischen Strukturen und Prozessen in westlichen Demokratien mit einem Schwerpunkt auf Westeuropa. Jüngere Publikationen beschäftigen sich mit der Politik der Inneren Sicherheit, der europäischen Digitalpolitik, dem Einfluss von Parteien auf die Außenpolitik und mit europäischen Grenzregionen.

Veranstalter
Villa Lessing
Liberale Stiftung Saar
Veranstaltungsleitung
Hermann Simon
Geschäftsführer
Organisation
Daniela Frieg
Assistentin der Geschäftsleitung
Gäste
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